Donnerstag, 23. Juli 2015

Betreuungsgeld für Eltern und das Urteil



Es war schon früher so: Kinder freuten sich, "bei Mama" und Papa  zu sein. So ist es wohl immer noch. Der Kleine hat gut lachen, weil er natürlich auch mit eineinhalb Jahren und bis über fünf Jahre zu Hause bei den Eltern und beim Bruder war. Die sitzen übrigens fröhlich gegenüber.  (Repro/Mont.: presseweller)

Schon immer schön: zu Hause „groß“ werden


Kommentar

23. Juli 2015. (dialogprw). Zu Hause, in der Familie bei Vater und Mutter und eventuellen Geschwistern, groß werden, so haben es viele sehr positiv vor und auch nach dem Krieg seit den 1950er- und bis in die 1970er-Jahre kennengelernt. Ein gutes Gefühl. Das vor wenigen Tagen ergangene Urteil der Bundesverfassungsrichter ist wie ein „Schlag ins Gesicht“ für diejenigen, die etwas sehr Wichtiges machen: ihre Kleinstkinder bis zum Alter von drei Jahren zu Hause selbst betreuen und vor allem „umsorgen“. Das ist immer noch etwas völlig anderes als in Kitas (Kindertagesstätten) oder bei Tagesmüttern, wenn sicher auch dort die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr Bestes zum Wohl der Kleinen geben.

Meine Nachkriegsgeneration – und zum großen Teil auch die Folgegeneration - kennt das noch: Wir waren nicht nur bis zum Alter von drei Jahren, sondern darüber hinaus zu Hause. Die spätere Möglichkeit, in den Kindergarten zu gehen, wurde längst nicht von allen genutzt. Zu Hause gab es Schwester und/ oder Bruder, auf der Straße waren viele Kinder zum Spielen. Familiensinn hieß damals, dass vorwiegend die Mutter – in Ausnahmefällen – der Vater zu Hause war. Schwieriger war die Situation für Alleinerziehende. Das traditionelle für mich und viele andere optimale Familienbild wird vielleicht irgendwann noch einmal ein Vorbild sein. Nein, Geld gab es früher keines dafür. Es gab sogar Zeiten, da gab es noch nicht einmal Kindergeld! Es gab aber auch noch keine Kitas. Das Betreuungsgeld für die Eltern, die das Wichtigste machen, ihre Kinder zu Hause umsorgen, ist gut und ein kleiner und gerechter Ausgleich zu den überwiegend von der Allgemeinheit getragenen Kitakosten. Schließlich fällt im Endeffekt für den Steuerzahler einiges an. Das Betreuungsgeld ist eine Anerkennung für die Familien, in denen Mutter oder Vater die Betreuung übernehmen. Daher muss ich in diesem Fall, wie sicher viele andere, der CSU unbedingt beipflichten, obwohl ich mich sonst politisch neutral in Blogs und Co. verhalte.

Der Ball liegt bei den Ländern
Die Richter haben sich der Argumentation des Landes Hamburg angeschlossen. Danach wäre diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe zu Kindererziehung und Betreuungsgeld Ländersache. Rein verfassungsrechtlich wird es danach dann wohl so sein. Welche Instanz gäbe es jetzt noch, diese Rechtsauffassung prüfen zu lassen? Wenn das aber so ist, muss man sagen, dass es wohl "handwerkliche Fehler" bei der Gesetzgebung gab, die aber dennoch eine Mehrheit im Parlament gefunden hatte. Sofern es keine Einigung unter den derzeitigen Länderregierungen gibt, die sich zum großen Glück nach Wahlen immer wieder einmal verändern können, ist es denkbar, dass das Betreuungsgeld in vielen Ländern abgeschafft wird. Das Vertrauen auf Rechtssicherheit ist, in diesem Fall bei den betroffenen Familien, einmal mehr dahin!
SPD- und Rot-Grün-regierte Länder sehe ich bei der Abschaffung vorne, worauf bereits die Aussagen von Politikern wie aus NRW und Rheinland-Pfalz hindeuten. Man will das dann „freie Geld“ lieber in Kitas und Frühkinderbetreuung stecken. Ja, die klassische Familie wird immer öfter als „überkommene Lebensform“ dargestellt. Auch aus Unternehmerkreisen sieht mancher, dass die Mütter oder Väter erst einmal dem Arbeitsmarkt entzogen wären. Dazu muss man sich andererseits die Zahl der vielen Langzeitsarbeitslosen, jugendlicher Arbeitsloser, an Minijobs und der Beschäftigten mit Zeitverträgen anschauen. Wie es aussieht, wird zumindest Bayern, dieses Land, das wirtschaftlich und neben aller Moderne in vielen tradierten Dingen weit vorne liegt, diese Regelung meiner derzeitigen Auffassung nach beibehalten. Das ist sehr zu hoffen. Vielleicht greifen einige andere Länder auch auf dieses Modell für Familien zurück. Und Nachhilfe von Politikern anderer Länder braucht Bayern gewiss nicht!

Fehlargumentation und Zukunft
Immer wieder ist dann von "geneigten Kreisen" auch die Argumentation zu hören,wie wichtig, durch Besuche von Kitas, Kindergärten gestärkt, die frühkindliche Bildung heute wäre. Kinder brauchen einige Jahre, um selbst ihre Umgebung zu entdecken, sich dies und das durch erste eigene Erfahrungen anzueignen, ins Leben zu finden. So wie ich es kenne, hatten zu meiner Zeit und später viele Kinder bei der Einschulung bereits erste Kenntnisse im Lesen und Schreiben. Zu Hause unter der Betreuung von Vater und Mutter angeeignet. Merkwürdig in diesem Zusammenhang: Gerade seitens der Wirtschaft werden seit Jahren, also in der "Neuzeit", auf wichtigen Gebieten "mangelnde Kenntnisse" der Azubis beklagt. Wo mag denn wohl da nun das Problem liegen? 

Der Zukunftsblick in Sachen Kita und auch solchen neuen Überlegungen nach - mit Nächtigungsmöglichkeiten für die Kleinen - könnte so aussehen, dass der Weg nicht weit dahin ist, irgendwann Babys bereits kurze Zeit nach der Geburt in solche Einrichtungen zu geben. Ob das eine schöne Zukunft ist, sei einmal dahingestellt. 

Damit keine Missverständnisse aufkommen. Sicher haben Kitas und Kindergärten ihre Berechtigung. Sie sind besonders für Alleinerziehende eine große Hilfe und für diejenigen Familien, in denen beide Elternteile arbeiten, aus Spaß, oder weil das Einkommen von einem Elternteil nicht ausreicht. Dazu könnte man sich - vor allem auch die Politik und Wirtschaft - auch nochmals Gedanken machen.  

Mal sehen, wie das Betreuungsgeld-Problem gelöst wird, wie Eltern, die so etwas Wichtiges machen, wie ihre Kleinstkinder zu betreuen, wieder Rechtssicherheit bekommen.          J. Weller